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  • AutorenbildCatalina

Paradies Holbox: Das süße Nichtstun


Camastros

 

Fünf Nächte willst du auf Holbox bleiben? Also ich kann dir nur sagen, viel zu tun gibt es dort aber nicht. Die Auskünfte einiger Bekannter, die während ihrer Reisen Fuß auf die Insel gesetzt hatten, waren in dieser Sache recht einhellig. Es ist wunderbar, aber es wird dann auch schnell langweilig.


Quasi im Vorbeilaufen hatte ich am Flughafen in Frankfurt noch eilig zwei Bücher gekauft, „Das Café am Rande der Welt“ und dessen Fortsetzung. Und nun saß ich also hier, fläzte in der Holzschaukel an meiner neuen Stammtheke und nuckelte gemächlich an der dritten oder vierten Flasche Indio.


Holbox war wahrlich keine große Insel, die kleinen Läden, Restaurants und Bars fußläufig leicht erreichbar, und um an die Sehenswürdigkeiten der Punta Mosquito an ihrem östlichen oder der Punta Coco am westlichen Ende zu gelangen, konnte man in den meisten Unterkünften Fahrräder mieten.


Als Naturschutzgebiet beherbergte die Insel unzählige Arten atemberaubender Flora und Fauna. Ähnlich der Isla Mujeres hatte Holbox lange Zeit als einsamer Hängematten-Geheimtipp für Individualreisende gegolten. Es war ein kleines Fischerdörfchen gewesen, das, wenn man den Erzählungen Glauben schenkte, vor anderthalb Jahrhunderten von Piraten entdeckt wurde, die sich mit den einheimischen Maya-Indigenen verheirateten. Doch wenngleich man dem malerischen Idyll aus vergangenen Tagen auch heute noch nachspüren konnte, hatte die Zunft amerikanischer und europäischer Partytouristen, die über die Jahre die paradiesisch anmutenden Fischerörtchen der gesamten Riviera Maya – Playa del Carmen, Tulum – gekapert hatte, längst auch auf Holbox Einzug gehalten. So reihte sich nun an dessen pittoresken Küsten Club an Club, vor deren Eingängen die Strandabschnitte mit ohrenbetäubendem Reggaeton und haarsträubenden Remix-Versionen von Gringo-Sommerhits beschallt wurden, und die Zahl der etwa 2000 Einwohner wurde in der Hauptsaison von Gästen und Tagestouristen annähernd vervierfacht.


In der Bar, an deren Theke ich nun also in meiner Schaukel baumelte, in der linken Hand meine Inspirationslektüre, in der rechten ein erfrischendes Bräu, wählte man glücklicherweise eine gemäßigtere Variante musikalischer Untermalung, und so verbrachte ich hier meine Nachmittage, ergötzte mich unaufhörlich am Türkis dieses Wassers, an dem ich mich niemals sattsehen würde können, verabschiedete Salsa tanzend Abend für Abend in der Hostelbar, aß, trank – und gab mich vollständig dem süßen Nichtstun hin.


Doch wenngleich die karibische Ausführung dieses dolce vita nach und nach mein Gemüt vereinnahmt hatte, wenngleich echte Langeweile tatsächlich gelernt sein mochte – meine Freunde behielten recht. Fünf Tage und fünf Nächte auf der Insel waren mehr als genug, um mich von den Strapazen der langen Anreise über den Atlantik und vom unleidigen Taxi-Schock nach meiner Ankunft zu erholen. Ich konnte es kaum erwarten, endlich wieder durch die sinnbildlichen Tore meiner heiß ersehnten Perle von Chiapas, meiner Stadt, meines San Cristóbal zu schreiten. Einmal noch schlafen, dann würde es endlich so weit sein, und für meinen letzten Abend auf der Insel hatte ich mir ein ganz besonderes kleines Abenteuer aufbewahrt.



Mein letztes Abenteuer auf der Insel ist gleichzeitig das schönste: Eine Ode an das Glück

 
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